Stift Rein – Admont
Weitwandern ist in geworden, Fußwallfahrten nehmen da einen besonderen Platz ein. Dabei geht es nun nicht mehr um Gipfelerfolge aneinander zu reihen, sondern eher Zentren spiritueller Erfahrung als Ziel anzusteuern. Abseits der vielbegangenen Mariazeller Wege, gibt es unzählige Pfade, die kreuz und quer durch Österreich führen und die landschaftliche Vielfalt erwandern und erfahren lässt.
Eine dieser Wanderungen ist mir besonders ans Herz gewachsen, durchquert sie doch gleich drei Bundesländer und verbindet dabei einige klösterliche Zentren im Herzen Österreichs. Gemeint ist eine mehrtägige Wallfahrt ausgehend vom Stift Rein, dem ältesten Zisterzienser Stift in der Nähe von Graz bis zum Benediktinerstift Seitenstätten im Mostviertel. Diese achttägige Wanderung lässt sich problemlos an mehreren Orten unterbrechen und wurde von uns auf zwei Jahre aufgeteilt in je viertägigen Etappen begangen.
Los geht’s vom Stift Rein. Nach einer Morgenandacht in der Stiftskapelle, gestärkt durch ein Frühstück im Stift und versehen mit Segenswünschen von Pater August, geht es gleich bergan dem Pleschkogel zu. Die 400 Höhenmeter, größtenteils durch wunderschöne Mischwälder und über Wiesen, vergehen wie im Flug. Dabei lässt sich auch die herrliche Aussicht auf das Hügelland zwischen Graz und dem heutigen Etappenziel auf der Gleinalm genießen. Leider hat der Pleschwirt seinen Ruhetag, an den Holzbänken unter den uralten Lindenbäumen kommt man aber kaum ohne Rast vorbei. Dann geht’s gleich hinunter ins Stübingtal. Zuerst auf der wenig befahrenen Asphaltstraße, dann heißt es aber scharf rechts abbiegen und über eine kurze Schotterstraße und den Weg Nr. 561 zum ehemaligen Gasthaus Abraham. Der Abstieg erfordert einiges an Spurensuche, ist doch der Weg im Bereich der Abzweigung von der Schotterstraße und im unteren Teil kaum bis gar nicht markiert. Die wenigen vorhandenen Markierungen finden sich unter tiefhängenden Ästen von Buchen und hinter Brombeerstauden gut versteckt.
Beim Abraham angekommen hat man den „Tiefpunkt“ des ersten Tages bereits erreicht und von nun an geht’s kontinuierlich bergan. Die nächsten 7 km bis zum ebenfalls aufgelassenen Gasthaus Krautwasch verlaufen auf der asphaltierten Gemeindestraße – mit kleinen Abstechern ins Grüne- und sind entsprechend schweißtreibend, schließlich geht es auf Mittag zu und die Sonne steht über uns. Da kommt nach einiger Zeit die Jausenstation Sattelbauer gerade richtig. Ab dem Krautwasch folgen wir der Markierung durch schöne Wald- und Almflächen direkt zum Gleinalmschutzhaus, wo bei einem ausgezeichneten Essen die Mühen des Tages schnell vergessen werden.
Der nächste Tag beginnt mit einem mehrstündigen Abstieg durch den Gleingraben hinunter ins Aichfeld gefolgt von einem langen Hatsch hinaus nach St. Margareten, wo wir auf einem neuen Steg die Mur überqueren. Über Kobenz und Neuhof geht’s dem zweiten Tagesziel, der Benediktinerabtei Seckau entgegen. Schon von weitem grüßt auf der Hochebene der Dom im Gebirge, wie die Basilika auch genannt wird. Im Bildungshaus finden wir ein herrliches Bett für die Nacht und ein Nachttrunk in der lokalen Gastronomie lassen auch diesen Tag, gekennzeichnet durch einen langen Abstieg und gefolgt von einer noch längeren Durchquerung des Aichfeldes versöhnlich ausklingen.
Den ursprünglichen Plan über die Wallfahrtskirche Maria Schnee auf der Hochalm oberhalb Seckau und den Seckauer Zinken zur Hochreicharthütte zu gehen mussten wir bereits im Vorfeld wieder verwerfen, da das gleichnamige Schutzhaus leider nicht mehr existiert und somit als Nächtigungsmöglichkeit ausfällt. Also bleibt nur der Weg durch den Ingeringgraben über das Kettentaltörl ins Triebental.
Den 16 km Hatscher auf der Asphalt- und Schotterstraße bis zum Ingeringsee ersparen wir uns, schließlich soll auch das Transportgewerbe etwas von uns haben. Die so gewonnene Zeit investieren wir lieber in eine Führung durch die Abtei, die mit der romanischen Kreuzigungsgruppe aus dem 13 Jhdt. und der von Böckl in den 1950er Jahren geschaffenen Fresken in der Engelkapelle 7 Jahrhunderte sakraler Kunst beheimatet. Nun zurück zum Weg. Am Ingeringsee ist es aus mit der gemütlichen Autofahrt und mit geschnürten Bergschuhen sind wir wieder im gewohnten Terrain.
Die knapp 700 Höhenmeter auf’s Kettentaltörl sind diesmal weniger schweißtreibend, kühlt doch der einsetzende Nieselregen beträchtlich. So schnell kann es gehen in den Bergen. War es am Vortag noch brütend heiß könnten wir hier auf 1864 m fast schon Handschuhe brauchen. Aber der Spuk ist schnell vorüber. Schon beim Abstieg durch die 2007 und 2008 von Kyrill, Paula und Emma stark mitgenommenen Wälder bzw. deren Überreste kommt die Sonne wieder heraus und die Berger Hube im Triebental empfängt uns mit Sonne, Suppe und Bier. Noch ist unser Tagesziel nicht erreicht und wir steuern - an der Triebental Hütte vorbei – das Gasthaus Brodjäger an, welches unser vorzügliches Nachtquartier wird. Übrigens, seit Seckau folgen wir dem Benedikt Weg.
Der gestrige Regen hat sich vollkommen verzogen und es geht’s dem nächsten Etappenziel Admont entgegen. Dem Triebenbach folgend linksseitig auf einem Weg hinunter in die Sunk. Gut, dass es diesen Weg gibt und man nicht der Markierung des Weitwanderweges 08 folgen muss, die entlang der engen Straße auf den Triebener Tauernpass führt. In Trieben halten wir Einkehr in der 1955 erbauten lichtdurchfluteten Stadtpfarrkirche mit den beindruckenden Glasfenstern. Heute haben wir genügend Zeit, bis zum Tagesziel Admont sind es nur mehr 11 km und 450 Höhenmeter. Also zuerst einen Kaffee im Ort, dann über Dietmannsdorf dem 08er und Benediktweg folgend hinauf Richtung Kaiserau.
Am Übergang ins Ennstal lädt eine schöne Wiese zu einem ausgiebigen Mittagsschläfchen ein, bevor der steile Weg entlang dem Lichtmessbach ins Paradies und weiter nach Admont zieht. Diesem Weg ist gegenüber der auf der Landesstraße verlaufenden Markierung des 01er Weitwanderweges klar der Vorzug zu geben. Ab dem Paradies leiten die beiden Türme des 1074 gegründeten Benediktinerstiftes Admont den Weg. Nach einem Brand 1865 blieb nur mehr die Klosterbibliothek erhalten. Die Stiftskirche – das Admonter Münster – wurde jedoch bereits kurz danach im neugotischen Stil wieder erbaut. Im angenehm kühlen Kircheninneren herrscht noch der Weihrauchgeruch der Feiertagsmesse vor. Im mächtigen Kirchenschiff finden wir nochmals Stille, sagen Dank und lassen die großartigen Tage in Ruhe in unseren Gedanken noch einmal passieren. Schließlich übt aber der schattige Stiftskeller eine unwiderstehliche Anziehung auf uns aus und unter Zuspruch flüssiger und fester Nahrung beschließen wir die Fortsetzung des Weges bis nach Seitenstetten – aber erst im kommenden Jahr.
Wegdaten:
Ein Weg, der durch Gegenden führt, die unterschiedlicher nicht sein können. Vom Grazer Bergland beginnend, durch die Niederen Tauern (Teil 1) und das Sengsengebirge hinein in die Wälder des Reichraminger Hintergebirges bis zur lieblichen Hügellandschaft des Mostviertels (Teil 2). Für den ersten und die beiden letzten Tage ist Kartenkenntnis von Vorteil, etliche Teilstrecken sind nicht markiert, es sind jedoch immer Wege vorhanden, man muss sie nur finden.
Tag 1: Stift Rein – Gleinalmschutzhaus
26 km, stolze 1.760 m rauf und 625 m runter, Nächtigungsmöglichkeit Gleinalmschutzhaus.
Tag 2: Gleinalmschutzhaus – Stift Seckau
27 km, 1.100 m runter und 350 m rauf, Nächtigungsmöglichkeit Stift und lokale Gasthäuser.
Tag 3: (Stift Seckau) Ingeringsee – Triebental
19 km, 800 Höhenmeter, Nächtigungsmöglichkeit Triebental Bergerhube, Triebentalhütte (SV), GH Braun, GH Brodjäger
Tag 4: Triebental – Admont
17 km, 650 m rauf und 1.100 m runter, Nächtigungsmöglichkeiten im Ort Stift Rein am Beginn des Weges
Status: 2011-09